Kirchen-Journalismus oder Kirchen-PR? Zu einem wichtigen Unterschied

Am Mittwoch (25.1.17) habe ich bei der Festveranstaltung zum 100jährigen Bestehen des „Konradsblatts“ (Wochenzeitung für das Erzbistum Freiburg) über den wichtigen Unterschied zwischen Journalismus und PR im Raum von Kirche gesprochen. Titel des kleinen Vortrages: „Kritik und Loyalität – Zur Unterscheidung von Journalismus und PR in der Kirche“.

Meine These: Der kirchliche Journalismus verschwindet und droht ersetzt zu werden durch eine in Kommunikationsabteilungen geplante kirchliche Öffentlichkeitsarbeit.

Da meine zum Teil „spitz“ formulierten Meinungen vermutlich gleich über den KNA-Ticker gehen, veröffentliche ich hier meinen Redetext, damit man sich ein vollständiges Bild des Vortrages machen kann. Ausführlicher zum Thema habe ich mich schon einmal in einem Interview mit der HerderKorrespondenz geäußert.

Medienkatastrophen und Katastrophenmedien

rotteDie Medien wurden beim Absturz der Germanwings-Maschine stark kritisiert. Ich hatte mich mit einem Posting „Kritik der Medienkritik“ beim Netzwerk Medienethik und mit einem Interview (Berliner Zeitung, Frankfurter Rundschau) an der Debatte beteiligt. Das philosophische Symposion „Katastrophen – Perspektiven“ gibt mir am 13. Juni 2015 (München) die Gelegenheit, das Thema Medien und Katastrophen etwas gründlicher anzugehen. – Wer dazu Hinweise und Kommentare hat – ich freue mich über Eure Anregungen.

Zu dem Symposion des Rottendorf-Projekts an der Hochschule für Philosophie München kann man sich noch bis 4. Juni anmelden. Um was geht es? Dazu ein Auszug aus dem Flyer:

„Interessanterweise wird das Thema oder auch nur der Begriff der ‚Katastrophe‘, trotz oder vielleicht auch wegen seiner augenfälligen Ubiquität in der Alltagssprache, in der Philosophie kaum explizit behandelt. Anders als zur ‚Krise‘ gibt es keine einschlägigen Theorien oder Denker. Allein die Behauptung einer „permanenten Katastrophe“ (Benjamin) im Zusammengriff mit der Fortschrittsidee bleibt sichtlich unbefriedigend. Dieses Neuland gilt es zu erschließen.“

Eingeladen zu einem hoch spannenden Programm sind ausdrücklich auch Medienethiker_innen. Weitere Informationen hier oder via Twitter @hfph_Rottendorf.

Interview zu Kirche und Medien in der Herder Korrespondenz

Im Februarheft der Zeitschrift Herder Korrespondenz ist ein Interview mit mir zum Verhältnis von Kirche und Medien erschienen. Die Deutsche Bischofskonferenz beschäftigt sich am 25.2.2015 im Rahmen ihrer Frühjahrsvollversammlung mit dem Thema Kirche und Medien/Social Media.

Wichtig im Interview ist mir unter anderem die Bedeutung eines unabhängigen Kirchenjournalismus, der aus verschiedenen Gründen gerade bedroht ist. Aber auch zur Frage, ob die Kirche Opfer von Medienkampagnen sei, wie vielfach behauptet wird, ist Gegenstand des Gesprächs.

Das Interview ist jetzt frei im Netz verfügbar.

Native Advertising als medienethisches Problem

Native Advertising bei der dt. Huffington Post

Native Advertising bei der dt. Huffington Post (Screenshot vom 2.5.14)

Seit Stefan Niggemeier am 21. April 2014 bei Spiegel Online die Native Advertising-Praxis kritisiert hat (siehe hier, hier und hier), wird eine in den USA recht rege geführte Debatte nun auch in Deutschland intensiver ausgetragen. Es geht im Prinzip um als redaktionelle Beiträge getarnte Werbetexte, die anstelle von Bannerwerbung online publiziert werden und dem „Journalismus“ (hier zunächst im breitest denkbaren Sinne verwendet) aus der Finanzierungsklemme helfen sollen. Native Advertising ist in den Worten von Dan Greenberg

„defined as ad strategies that allow brands to promote their content into the endemic experience of a site in a non-interruptive, integrated way.“

Klar: Bannerwerbung klickt keiner und sieht kaum ein Mensch. Ein nett geschriebener Text im gleichen Layout interessiert eher. Wo ist das ethische Problem?

Zunächst fand Stefan Niggemeiers Posting deshalb Resonanz, weil er dem Spiegel Doppelmoral vorwerfen konnte: In der Ausgabe 17/2014 (19.4.2014, S. 134f.) findet sich unter der Überschrift „Seelen-Verkäufer“ ein Artikel, der diese Werbepraxis ausdrücklich ablehnt. Auch im Spiegel, so zitiert Niggemeier das Magazin, solle es solche Werbeformen nicht geben. Allerdings konnte er auch zeigen, dass in Spiegel Online schon seit längerem West Lotto im Gewand der redaktionellen Beiträge z.B. den Eurojackpot bewirbt (gekennzeichnet mit „Ein Service von West Lotto“). Die Kolumne ist mittlerweile vom Netz, Spiegel hat sich entschuldigt.

Ein Thema ist das Native Advertising aber auch, weil jetzt „sogar“ die New York Times diese Werbeform anwendet (Native-Advertising-Beispiel der NYT). Das war auch der Aufhänger des Spiegel-Artikels. In den USA wird die Debatte aber schon eine ganze Weile geführt. Deutlich wird dabei bei allen Diskussionen im journalistischen Kontext die schwierige Suche nach neuen und besseren Finanzierungsmodellen für Online-Journalismus. Wo der Finanzierungsdruck steigt, da wächst die Bereitschaft, Schleichwerbung zu erlauben. Damit wird auch das meines Erachtens größte ethische Problem in dieser Sache deutlich: Es ist die radikale Abhängigkeit des Journalismus von der Wirtschaft, die durch ihre Werbung die ganze Veranstaltung überhaupt erst finanziert. Es handelt sich hier um ein entscheidendes gesellschaftliches Problem: Wenn wir noch der Meinung sind, dass Journalismus und die öffentliche Kommunikation entscheidend für das Funktionieren von demokratischen Gesellschaften sind und gleichzeitig sehen, dass Redakteure Werbeanzeigen für die eigene Seite schreiben, sich dafür teuer bezahlen lassen und diese Anzeigen dann als solche verschleiern… Ist dann nicht der ganze privatwirtschaftlich betriebene und zumal in digitalen Zeiten von Anzeigen abhängige Journalismus überhaupt ein großes „Native Advertising“?

Der Gesetzgeber und die entsprechenden Selbstkontrolleinrichtungen (vgl. dazu den medienethischen Aufsatz zu Advertorials von Nina Köberer) haben den Trennungsgrundsatz kodifiziert, nach dem Werbung als „Anzeige“ zu kennzeichnen ist. Nina Köberer weist im Zusammenhang mit einer Untersuchung zu Jugendmedien nach, dass dies erstens nur sehr unvollständig tatsächlich auch geschieht und zweitens auch bei Kennzeichnung der Advertorials die Jugendlichen zu einem großen Teil gar nicht bemerken, dass es sich um Werbung, also um wirtschaftliche partikulare Interessen, handelt. Ziemlich desaströs…

Es geht also um „the Ethics of Using Paid Content in Journalism„. Online wird das Problem stärker werden und medienethisch vermutlich daher noch drängender. Neben den angedeuteten sozialethischen Problemen liegt das medienethische Problem natürlich vor allem darin, dass die Menschen getäuscht werden sollen. Wer getäuscht wird, kann nicht vernünftig und nicht moralisch handeln, seine Autonomie ist bedroht. Sich bei den Menschen einen Zugang zu erschleichen mit einer Werbebotschaft ist unmoralisch und verkauft die Menschen für dumm. Ob Native Advertising negativ auf die Unternehme zurückfällt – das bleibt zu hoffen.

 

 

Medienethische Fragen zur digitalen Vermessung der Welt – Big-Data-Seminar an der HfPh

Diese Woche geht hier an der Hochschule für Philosophie der Vorlesungs- und Seminarbetrieb wieder los. Heute ist die erste Sitzung unseres Medienethik-Seminars „Big Data: Medienethische Fragen zur digitalen Vermessung der Welt“, das ich zusammen mit meinem Kollegen und Mitarbeiter Christopher Koska durchführe. Hier der Ankündigungstext:

Bereits 2008 hat die Anzahl der Gegenstände, die mit dem Internet verbunden sind, die Anzahl der Weltbevölkerung überschritten. 90% aller weltweit verfügbaren Daten sind nach einer Studie von IBM in den letzten zwei Jahren entstanden. 2015 soll es, laut einer Studie von Intel, doppelt so viele Netzwerkgeräte geben, wie Menschen auf der Erde. All diese Geräte erzeugen über ihre Sensoren und über die Menschen, die sie benutzen, eine unvorstellbar große Datenmenge (Big Data). IT-Konzerne, Regierungen, Behörden und Institutionen sammeln und analysieren diese Daten, erstellen Personenprofile, filtern, vermarkten oder verkaufen Informationen. Gegenstand des Seminars sind die öffentlichen und privaten, ökonomischen und staatlichen Interessen im Prozess der Etablierung von Big-Data-Technologien bzw. der Informationssuche/-beschaffung. Ziel ist es aktuelle Konflikte zu analysieren, Chancen und Herausforderungen kritisch zu hinterfragen und Kriterien für deren Beurteilung zu begründen.

Das Programm ist ganz wesentlich von Christopher Koska konzipiert worden, der ein medienethisches Forschungsprojekt (Dissertation) zu diesem Themenfeld in Angriff genommen hat. Weitere Informationen zum Programm bei Interesse direkt bei Christopher Koska. Hier die zwanzig wichtigsten Bücher zu Big-Data1 (alle in der Hochschul-Bibliothek vorhanden):

  • Angwin, Julia (2014): Dragnet Nation: A Quest for Privacy, Security, and Freedom in a World of Relentless Surveillance.
  • Bunz, Mercedes (2012): Die stille Revolution. Wie Algorithmen Wissen, Arbeit, Öffentlichkeit und Politik verändern, ohne dabei viel Lärm zu machen.
  • Davis, Kord (2012): Ethics of Big Data: Balancing Risk and Information.
  • Flusser, Vilem (2000): Ins Universum der technischen Bilder.
  • Geiselberger, Heinrich /Moorstedt, Tobias (Hrsg.) (2013): Big Data: Das neue Versprechen der Allwissenheit.
  • Grimm, Petra /Capurro, Rafael (Hrsg.) (2008): Informations- und Kommunikationsutopien.
  • Han, Byung-Chul (2013): Im Schwarm: Ansichten des Digitalen.
  • Krotz, Friedrich (Hrsg.) (2007): Mediatisierung: Fallstudien zum Wandel von Kommunikation.
  • Krotz, Friedrich /Hepp, Andreas (Hrsg.) (2012): Mediatisierte Welten: Forschungsfelder und Beschreibungsansätze.
  • Kuhlen, Rainer/ Semar, Wolfgang/ Strauch, Dietmar (Hrsg.) (2013): Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation: Handbuch zur Einführung in die Informationswissenschaft und -praxis.
  • Lanier, Jaron (2010): Gadget. Warum die Zukunft uns noch braucht.
  • Mainzer, Klaus (2014): Die Berechnung der Welt: Von der Weltformel zu Big Data.
  • Mayer-Schöneberger, Viktor /Cukier, Kenneth (2013): Big Data: Die Revolution, die unser Leben verändern wird
  • Morozov, Evgeny (2011): The net delusion : how not to liberate the world.
  • Morozov, Evgeny (2013): Smarte neue Welt: Digitale Technik und die Freiheit des Menschen.
  • Pariser, Eli (2012): Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden.
  • Schmidt, Eric/ Cohen, Jared (2013): Die Vernetzung der Welt: Ein Blick in unsere Zukunft.
  • Stichler, N. Richard/ Hauptmann, Robert (Hrsg.) (2009): Ethics, Information and Technology: Readings.

Neben den Themenbereichen „Journalismus/Öffentlichkeit/Demokratie“ und „Unterhaltung und Medien“ ist der Bereich „Internet/Information/Digitale Technologie“ der dritte Schwerpunkt meiner Arbeit am Lehrstuhl für Medienethik.

  1. Ob das die 20 wichtigsten Bücher sind, weiß ich natürlich nicht und ist nur eine Formulierung für die Suchmaschinen – es sind ja noch nicht einmal genau 20… 😉 Aber aus der Fülle der jüngeren und jüngsten Literatur erschienen uns diese Titel als zentral und für das Seminar besonders geeignet.

Niklas Luhmann: Videos bei Youtube

Vor Jahren hatte ich hier schon mal auf einige Videos von Niklas Luhmann bei YouTube hingewiesen. Die Links funktionieren nicht mehr und neue Filme sind mittlerweile hinzugekommen.

Daher jetzt eine aktualisierte Version dieses alten Postings:

Einblicke in die frühe Phase gibt ein Luhmann-Interview von Ulrich Boehm aus dem Jahr 1973 (Uniaudimax, Sendung 28.08.1973, Kamera Bernd Maus) – immerhin 11 Jahre vor “Soziale Systeme”. Gerade im Vergleich mit den anderen Dokumentationen sehr interessant: z.B. ist das Büro in Oerlinghausen noch aufgeräumter und Luhmann muss bei der Beantwortung vom Zettel ablesen.  Dieses ganze Interview ist vollkommen in der Perspektive einer Rechtfertigung Luhmanns gegenüber seinen Kritikern durchgeführt. Die bekannten Kritikpunkte werden referiert und Luhmann antwortet darauf in seiner eigenen Art.

Der Schlussteil: “Herr Prof. Luhmann, welche Kritiker Ihrer Systemtheorie fürchten Sie am meisten?” – “Die Dummen.”

Eine Dokumentation mit dem Titel „Beobachter im Krähennest“, deren Herkunft nicht ganz klar ist (offenbar ist es eine „Philosophie heute“ Sendung aus dem Jahr 1989 über die Ökologie-Debatte), ist etwas kurzweiliger: Sie zeigt Luhmann in seinem Bielefelder Büro (leitet zur Stelle im Film) und auf der Terasse vor einem ungemütlich aussehenden Stück Natur. Ebenfalls Teil dieser Dokumentation scheint der Ausschnitt zum berühmten Zettelkasten zu sein. Großartige Technik und großartig erklärt. Und wenn man am Ende Luhmann tippen sieht, kann man sich kaum vorstellen, dass er so viel publizieren konnte.

Am besten sieht man die beiden Teile in einem Zusammenschnitt mit dem Teil über Systemtheorie:

  • das Rechtfertigungsinterview über Systemtheorie von 1973 hier,
  • der Ökologieteil von 1989 direkt hier und
  • der Teil mit dem Zettelkasten (auch 1989hier.
Alles zusammen hier:

Ein letztes Video (ein Neuzugang) ist der Anfang eines Vortrages von Luhmann mit dem Titel: Gibt es in unserer Gesellschaft noch unverzichtbare Normen? Vgl. Luhmann, Niklas (1993): Gibt es in unserer Gesellschaft noch unverzichtbare Normen? Heidelberg: C. F. Müller (Heidelberger Universitätsreden. 4). Hier ist der späte Luhmann zu sehen, der aber immer noch gerne grau trägt… Den vollständigen Vortrag kann man auch auf DVD kaufen (Link).

Und zuletzt poste ich noch das Interview über das Buch „Liebe als Passion“, das Alexander Kluge für sein Format „Prime Time“ (vermutlich 1994) mit Luhmann geführt hat:
Teil 1:

Teil 2 (mit Luhmanns denkwürdiger Aussage bei ca. 3:37: „immer Freitags“)

Konflikt, Protest und die Medien – die neue Ausgabe von Communicatio Socialis (3/2012)

Die neue Ausgabe von Communicatio Socialis hat den Themenschwerpunkt „Konflikte und Proteste in der Öffentlichkeit“. Dazu Annika Franzetti in ihrer Einleitung (Volltext hier):

„Communicatio Socialis hat verschiedene Autoren gebeten, Konfliktstrukturen und Protestkulturen aus der jüngeren Vergangenheit aus ihrer Perspektive zu beleuchten und dabei auch die Rolle der Medien kritisch zu hinterfragen. Den Auftakt macht Jeffrey Wimmer, der sich aus kommunikationstheoretischer Sicht mit dem Thema Protest befasst und (mediale) Gegenöffentlichkeiten in den Mittelpunkt seines Beitrags stellt. Mareille Landau und Reiner Wilhelm, Mitarbeiter der bischöflichen Hilfsorganisation Adveniat, berichten von ihren Erfahrungen aus Chile, wo sie die Studentenproteste seit Mitte 2011 mitverfolgt haben. Achim Wörner hat als Leiter der Lokalredaktion der „Stuttgarter Zeitung“ über Stuttgart 21 berichtet und die aufgeheizte Stimmung auch unter den Lesern miterlebt. Er setzt sich mit der Rolle seiner Zeitung in diesem Konflikt auseinander.

Bernhard Sutor, emeritierter Professor für Politische Bildung und Christliche Soziallehre der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und lange Jahre Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, analysiert den Konflikt um Reformen in der katholischen Kirche. Und Josef Bruckmoser, Leiter des Ressorts Wissenschaft, Gesundheit, Religion bei den „Salzburger Nachrichten“, schildert die Protestbewegung österreichischer Pfarrer. Ergänzt wird dieses Spektrum an Berichten durch einen Standpunkt von Communicatio Socialis-Redakteur Ferdinand Oertel über eine publizistische Debatte innerhalb der Monatszeitschrift „Stimmen der Zeit“.“

Weitere Artikel:

Aufsätze

  • Heinz Pürer: Das Image von Journalisten. Prämissen und empirische Erkenntnisse
  • Jakob Wetzel: Satire – das unbekannte Stilprinzip. Wesen und Grenzen im Journalismus
  • Melanie Verhovnik: Gerichtsberichterstattung und die Verantwortung der Medien. Der Fall Rudolf R.

Zur Person

  • Michael Schmolke: Mitarbeiter der ersten Stunde. Erinnerungen an Ulrich Saxer

Literatur-Rundschau

  • Constanze Jecker (Hg.): Religionen im Fernsehen. Analyse und Perspektiven (Johanna Haberer)
  • Hans Mathias Kepplinger: Die Mechanismen der Skandalisierung. Zu Guttenberg, Kachelmann, Sarrazin & Co.: Warum einige öffentlich untergehen – und andere nicht; Bernhard Pörksen / Hanne Detel: Der entfesselte Skandal. Das Ende der Kontrolle im digitalen Zeitalter (Petra Hemmelmann)
  • Kurt Imhof: Die Krise der Öffentlichkeit. Kommunikation und Medien als Faktoren des sozialen Wandels (Annika Franzetti)
  • Wolfgang Seufert / Hardy Gundlach: Medienregulierung in Deutschland. Ziele, Konzepte, Maßnahmen. Lehr- und Handbuch (Alexander Godulla)
  • Eduard Beutner / Ulrike Tanzer (Hg.): lesen. heute. perspektiven (Wolfgang R. Langenbucher)
  • Hans-Christian Erdmann: Verantwortung von Medienunternehmen aus Perspektive der Ökonomischen Ethik (Claudia Paganini)

Weitere Infos und Bezug hier.


	

Eine Bühne für den Attentäter? Die Rolle der Medien im Fall Breivik

Es ist wieder Zeit für die Medienethik: Schon vor Prozessauftakt erreichten mich Anfragen zur Rolle der Medien im Prozess um den Attentäter Anders Behring Breivik. Die Ungeheuerlichkeit der Tat und die Öffnung des Prozesses für die Öffentlichkeit einschließlich einer (regulierten) Möglichkeit von Foto- und Videoaufnahmen haben dazu geführt, dass sich Journalisten aus aller Welt in großer Zahl akkreditiert haben und den Prozess vor Ort begleiten. Breiviks Aussagen „Terror ist Theater“ (Quelle) und dass mit seiner Verhandlung die „Phase der Propaganda“ beginne (Quelle), führten unweigerlich zu der Frage, wie man die Berichterstattung angehen soll. Wie sollte man berichten, ohne dass man das Ziel Breiviks, eine Bühne für seine Ideologie zu bekommen, zu befördern? Ein echtes Dilemma.

Über die Frage, ob man möglichst wenig oder ohne Einschränkungen berichten soll, lässt sich daher trefflich streiten. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) mahnt in einer Presseerklärung eine vorsichtige Berichterstattung an:

DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken: „Journalisten dürfen sich nicht zu Breiviks unfreiwilligen Helfern machen lassen.“ Der Beschuldigte habe es darauf angelegt, den Strafprozess als Medienspektakel zu missbrauchen. Journalisten dürften ihm nicht auf den Leim gehen. (Quelle, via)

Dagegen meint Nils Minkma in der FAZ:

Auch in so einem Fall bleiben wir bei unseren Regeln und Gesetzen. Wäre ja noch schöner, wenn man Breivik zuliebe den Grundsatz der Öffentlichkeit von Strafverfahren hintergehen würde und ihm, in einer durch und durch abgebildeten Welt, den Sonderstatus eines Mannes ohne Gesicht zubilligte […]. Eine klare und schonungslose Berichterstattung in Wort und Bild, die Präzision darin, das ist die wirksamste Waffe der Medien, ihre vornehmste Aufgabe und im Übrigen auch ihr Job. (Quelle)

Wie wird berichtet? Vor allem der Boulevard zeigt zum Prozessauftakt, das war abzusehen, Breiviks Gesicht in Großaufnahme und/oder seinen offenbar rechtsradikalen Gruß. Der Gesichtsausdruck des Menschen, der beschrieben wird als smart, berechnend und eiskalt, steht für das Monströse der Tat. Einige Zeitungen arbeiten ohne Bild, oder gar ohne Bericht auf der Titelseite. Wie der andere versuchen, in der Bildauswahl den Prozess zu dokumentieren, ohne die Inszenierungsgesten von Breivik zu zeigen.

Die Tagesthemen am 16. April haben einen guten Bericht über die Berichterstattung (medienwissenschaftliche O-Töne von Norbert Bolz und Steffen Burkhard), informieren aber ansonsten ohne besondere Einschränkungen, zeigen also zum Beispiel den angesprochenen Gruß (bei 1 Minute 56), kommentieren dies aber entsprechend. Der nachgereichte Metabeitrag zum Mediengeschehen um den Prozessauftakt wirkt da seltsam. Sehr viel gelungener die gleich in der Anmoderation erfolgte Reflexion im Heute Journal (vom 16. April, via Matthias Rath) von Klaus Kleber und die begründete Entscheidung, warum die Inszenierungsgesten nicht gezeigt werden.

Kolleginnen und Kollegen aus der Medienethik haben sich zur Medienberichterstattung im Prozess um Breivik geäußert; bekannt ist mir beispielsweise das Interview von Christian Schicha. Ich durfte Gast im WDR5 Tagesgespräch am 18.04.2012 sein (hier zum Nachhören; ab 4:30 Minuten bin ich dann dran). Ausgangspunkt war ein dpa-Interview am Dienstag, 17.4.2012. Radio Vatikan (deutsches Programm) hat auch angerufen (Sendung Freitag, den 20.04. um 18 Uhr).

 

Absturz und Reboot-Probleme meines HTC Desire

Seit gut eineinhalb Jahren besitze ich das Smartphone HTC Desire. Ich mag das kleine Format, den Bildschirm und die Ausstattung. Alles in allem damals eine gute Investition. Aber: Seit gut einem halben Jahr macht es Probleme: Es fährt plötzlich runter (stürzt ab) und hat Schwierigkeiten beim erneuten Starten (Reboot-Schleife). Bislang trat das nur selten auf, mittlerweile ist das Ding nicht mehr zu gebrauchen. Was tun? Bei O2 (oder wie Oma sagt: „Nullzwei“) vorbeigehen und reklamieren, oder sich an HTC wenden? Ich habe erstmal eine E-Mail an den HTC-Support geschrieben. Mal sehen, was passiert. Und ich hoffe, es passiert was – darum auch dieses Posting… Immerhin war das Phone damals so teuer, dass ich 5 Jahre problemlosen Betrieb (hardwareseitig) erwarten kann.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Smartphone, bei O2 gekauft am [vor ca. 1,5 Jahren], macht seit ungefähr 6 Monaten Probleme. Diese häufen sich in letzter Zeit, so dass ich das Handy nicht mehr gebrauchen kann.

Problembeschreibung: Das Handy schaltet sich beim Starten einer Anwendung oder bei Gebrauch von Anwendungen, die mobiles Internet benötigen (z.B. Google Maps), automatisch aus, vibriert einmal und dann viermal kurz hintereinander und bleibt dann beim Startbildschirm stehen (Absturz). Es lässt sich nur wieder reaktivieren, wenn ich den Akku herausnehme und wieder einsetze. Oft passiert dies in einer Art Schleife öfter hintereinander. Das Phänomen trat früher nur bei Apps mit einigermaßen datenintensiv genutzter Internetverbindungen (mobil, nicht im WLAN) auf; seit ungefähr 1,5 Monaten bei allgemein rechenintensiven Aktionen (Start einer App). Als Problemlösung habe ich versucht: Reinigung der Akku-Kontakte, Einlegen einer neuen SIM-Karte, Rücksetzen des Smartphones auf Werkseinstellungen. Keine dieser Aktionen hat eine Verbesserung bewirkt.

Ich wäre Ihnen dankbar für Ihre Hilfe

Mit freundlichen Grüßen…

 

Der weitere Verlauf:

1.2.12: Empfangsbestätigung der Email durch HTC

1.2.12: Antwort per EMail von HTC: „Aus Ihrer Email geht hervor, das Sie gegenwaertig das Problem haben, das Ihr HTC Desire automatisch ausschaltet und dann im Boot-Vorgang haengenbleibt. Da Sie Ihr Geraet bereits auf die Werkseinstellung zurueckgesetzt haben, ohne dass das Problem geloest wurde, moechten wir Sie bitten, Ihr Geraet zur Reparatur einzureichen. Sie haben die Moeglichkeit, Ihr Geraet in jedem O2 Shop zur Reparatur einzureichen.“

1.2.12: Antwort von @o2de: Klick. Frage, ob ich das schon ohne SIM probiert habe und welche Firmware installiert ist.

2.2.12: Ein paar nette Tweets zwischen mir und @o2de hin und her zur Klärung des Fehlers und dann schließlich die Bitte: „E-Mail socialmedia[at]o2.com mit der IMEI-Nummer, Adresse, Fehlerbeschreibung und deiner Mobilfunknummer“

3.2.12: Email von O2, dass mich per Post die Einsendungsunterlagen erreichen

9.2.12: Einsendungsunterlagen von O2 per Post und Einsendung des Gerätes.

[Update 6.5.2012:] – Ups, an den Kommentaren merke ich gerade, dass ich das hier gar nicht mehr weiter geschildert habe. Daher in der Kurzfassung: Eine gute Woche nach Einsendung des defekten Gerätes kam das reparierte Handy wieder bei mir an. Offenbar wurde die Platine ausgetauscht (neue Gerätenummer); Akku, Gehäuse und Bildschirm sind geblieben. Ansonsten habe ich in der Sache nichts weiter von HTC oder O2 gehört, also keine Rechnung (was auch nicht angekündigt war oder womit ich gerechnet hätte) oder Rückmeldung erhalten. Das Gerät ist wieder im Gebrauch und funktioniert jetzt ohne Abstürze. Mal abgesehen von dem Ärger mit dem defekten Gerät hat die Reparatur tadellos geklappt. Insbesondere Kulanz und Reaktionsschnelligkeit von O2 verdient ein Lob.

Wikileaks medienethisch

Zwei kleinere medienethische Beiträge zu Wikileaks sind in den letzten Tagen entstanden: Ein Interview bei Radio Vatikan (Sendedatum 4.12.2010, hier geht es zum Beitrag) und ein Gastkommentar in der Zeitung „Die Tagespost“ (soll morgen erscheinen, Link falls online folgt noch).

Update 1 (7.12.2010, 9:00 Uhr): Laut Radio Vatikan sitze ich „im Akademischen Rat am Institut für Christliche Sozialwissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster“ – ist schon schwierig mit dem Amtsdeutsch… Ich bin „Akademischer Rat“ (Wikipadia-Artikel). Aber vielleicht kann man hier an der Fakultät ja mal so einen Rat einrichten…

Update 2 (7.12.2010, 9:00 Uhr): Die katholische Presseagentur Österreich hat aus dem Radio-Vatikan-Interview einen lesbaren Text gemacht.