Der überwachte Mensch

Neue Publikation zum „Streitfall Überwachung“: Das jetzt erschienene Heft 2/2015 des Journals für politische Bildung befasst sich mit der Freiheit im digitalen Zeitalter. Im Heft bin ich mit dem Beitrag „Der überwachte Mensch. Politisch-philosophische Reflexionen zu Big Data“ vertreten. So weit ich weiß, ist der Text online nicht erreichbar. Das Themenheft kostet 18 EUR und lässt sich hier bestellen.

Die Frage nach dem überwachten Menschen in digitalen Zeiten

Der Beitrag widmet sich dem Thema Überwachung auf einer allgemeinen Ebene. Er stellt die Frage nach dem überwachten Menschen in digitalen Zeiten – also in Zeiten, in denen unser Verhalten und Kommunizieren aufgezeichnet, gespeichert und ausgewertet wird. Die Frage nach dem Menschen ist dabei moralisch motiviert: Entsprechen zeitgenössische Überwachungsformen und -praktiken unseren Vorstellungen eines guten und gerechten Lebens?

Am Anfang des Gedankengangs steht der Begriff der Überwachung. Überwachungspraktiken sind ambivalent, vielgestaltig und nicht leicht zu beurteilen. Die Autonomie der Überwachten bleibt das normative Kriterium. Im zweiten Schritt stelle ich die digitalisierte Gesellschaft als Überwachungsgesellschaft vor. Drittens ergänzt das Stichwort Big Data die kritische Beschreibung der Strukturen, die uns überwachte Menschen umfangen: der überwachte Mensch ist heute der vorhergesagte Mensch. Der vierte Teil thematisiert das Verhältnis von Überwachern und Überwachten und stellt fest, dass Überwachung nicht als Handlung bestimmter Akteure, sondern als soziales Dispositiv rekonstruiert werden muss. Schließlich dreht sich der fünfte Abschnitt um die Möglichkeiten der Autonomie in Überwachungsgesellschaften, die vornehmlich politisch geschaffen werden müssen.

Angaben

Filipović, Alexander (2015): Der überwachte Mensch. Politisch-philosophische Reflexionen zu Big Data. In: Journal für politische Bildung 5 (2), S. 8–15.

Im Beitrag verwendete Literatur

  • Albrechtslund, Anders (2008): Online Social Networking as Participatory Surveillance. In: First Monday 13 (3). Online verfügbar unter http://firstmonday.org/ojs/index.php/fm/article/view/2142/1949.
  • Bauman, Zygmunt; Lyon, David (2013): Daten, Drohnen, Disziplin. Ein Gespräch über flüchtige Überwachung. Berlin: Suhrkamp (edition suhrkamp, 2667).
  • Bentham, Jeremy (2013): Panoptikum oder Das Kontrollhaus. Hg. v. Christian Welzbacher. Berlin: Matthes & Seitz (Batterien, N.F., 14).
  • Bigo, Didier (2006): Globalized (in)security. The field and the ban-opticon. In: Naoki Sakai und Jon Solomon (Hg.): Translation, biopolitics, colonial difference. Hong Kong: Hong Kong Univ. Press (Traces, 4), S. 109–157.
  • Brey, Philip (2005): Freedom and Privacy in Ambient Intelligence. In: Ethics Inf Technol 7 (3), S. 157–166. DOI: 10.1007/s10676-006-0005-3
  • Deleuze, Gilles (1993): Postskriptum über die Kontrollgesellschaften. In: Gilles Deleuze: Unterhandlungen, 1972-1990. Frankfurt am Main: Suhrkamp (edition suhrkamp, 1778), S. 254–262.
  • Foucault, Michel (1975/1977): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main: Suhrkamp (stw, 184).
  • Kant, Immanuel (1786/2007): Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Kommentar von Christoph Horn, Corinna Mieth und Nico Scarano. Frankfurt a. M.: Suhrkamp (Suhrkamp Studienbibliothek, 2).
  • Lyon, David (2001): Surveillance society. Monitoring everyday life. Buckingham, Philadelphia: Open University Press (Issues in society).
  • Lyon, David (2007): Surveillance, power, and everyday life. In: Robin Mansell (Hg.): The Oxford handbook of information and communication technologies. Oxford, New York: Oxford University Press, S. 449–472.
  • Mayer-Schönberger, Viktor; Cukier, Kenneth (2013): Big Data. Die Revolution, die unser Leben verändern wird. München: Redline.
  • Nagenborg, Michael (2014): Surveillance and persuasion. In: Ethics Inf Technol 16 (1), S. 43–49. DOI: 10.1007/s10676-014-9339-4.

Menschengerechte Demokratie. Das neue Jahrbuch für Christliche Sozialwissenschaften

Eine schöne Aufgabe meiner Münsteraner Zeit (bis August 2013) war die Schriftleitertätigkeit beim Jahrbuch für Christliche Sozialwissenschaften (vgl. auch den Wikipedia-Artikel). Durchaus eine herausfordernde Aufgabe, denn man hat immer zwei umfangreiche Bände in Vorbereitung, Druck oder Planung. In meiner Zeit am ICS in Münster mussten wir das Jahrbuch ziemlich umkrempeln und haben die Chance genutzt, das traditionsreiche Organ für heutige wissenschaftliche Publikationserfordernisse zu gestalten.

Das bedeutete neben der Einführung eines Peer-Review-Verfahrens vor allem, eine Online-Plattform zu schaffen und das Jahrbuch parallel zur Printausgabe auch online zu publizieren. In Zusammenarbeit mit der ULB Münster und mit Förderung durch die DFG ist uns das mit der Publikationssoftware OJS prima gelungen. Nicht nur werden unter www.jcsw.de die laufenden neuen Bände publiziert. Wir konnten auch alle bisher erschienenen Bände seit 1968 digitalisieren und so der (wissenschaftlichen) Öffentlichkeit für Recherchezwecke zur Verfügung stellen. Alles in allem ein zwar sehr zeitintensives, aber lohnendes Projekt.

Das neue Jahrbuch 54 (2013)

Das neue Jahrbuch für Christliche Sozialwissenschaften hat den thematischen Schwerpunkt „Demokratie“. Der Band ist dem Münsteraner Sozialethiker und Soziologen Karl Gabriel zum 70. Geburtstag gewidmet.

Zusammen mit Anna Maria Riedl habe ich einen Literaturbericht (peer-reviewed) beigesteuert: Der Text mit dem Titel „Demokratie und Christliche Sozialethik. Demokratie als Thema der deutschsprachigen katholischen Sozialethik nach 1945 – ein Literaturüberblick“ verfolgt das Ziel, einen kritischen Überblick über Texte aus dem Bereich der katholischen Christlichen Sozialethik zum Thema Demokratie zu geben. Startpunkt ist im zweiten Kapitel die Suche der katholischen Kirche nach einem neuen Verhältnis zur Demokratie in der Nachkriegszeit. Im dritten Kapitel werden die christlich-sozialethischen Beiträge bis Mitte der 1960er Jahre behandelt, also bis zu den sozialen Umbrüchen der späten 60er Jahre und bis zu den unmittelbaren Impulsen des II. Vatikanums. Eine weitere Zäsur kann dann mit dem Zerfall des Ostblocks und dem Fall der Berliner Mauer ab Mitte bzw. Ende der 1980er Jahre gesetzt werden (viertes Kapitel). Im abschließenden Ausblick kommt der Text zu dem Ergebnis, dass es an einer expliziten ethisch-theoretischen Auseinandersetzung mit der Demokratie in der Christlichen Sozialethik mangelt.

Neben dem korrespondierenden Text meines Freundes und Kollegen Christian Polke („Protestantische Ethik und Demokratie. Ein deutschsprachiger Literaturbericht seit 1945„) gibt es ein paar weitere Highlights im Band:

Der Band kann über den Buchhandel (ISBN 978-3-402-10986-1    , Aschendorff Verlag) oder direkt beim Verlag bezogen werden. Die Texte werden 12 Monate nach Veröffentlichung dann frei online erreichbar sein (also ab 1.1.2015).