Algorithmen und Künstliche Intelligenz in ethischer Perspektive

Spätestens seit meinem 2013er Aufsatz „Die Enge der weiten Medienwelt. Bedrohen Algorithmen die Freiheit öffentlicher Kommunikation?“ gehören die Themen Algorithmen und Künstliche Intelligenz (KI) mit zu meinen Forschungsinteressen. Die Relevanz von „künstlicher Intelligenz“ für die Medien- und Kommunikationsethik liegt auf der Hand: Wenn Algorithmen und selbstlernende Systeme in der öffentlichen Kommunikation und im Bereich der Medien eine immer bedeutendere Rolle spielen (etwa Personalisierungsalgorithmen), dann sollten sie auch ethisch reflektiert werden.

Die Erweiterung der klassischen Kommunikations- und Medienethik hin zu informationsethischen Fragen zeigt bspw. das „Handbuch Medien- und Informationsethik“ (Hg. Jessica Heesen). In der Tat müssen informationsethische und medienethische Themen heute integriert, also zusammen behandelt werden. Dies wird auch deutlich im Namen unseres „Zentrums für Ethik der Medien und der digitalen Gesellschaft (zem::dg)„, das ich zusammen mit Klaus-Dieter Altmeppen leite. Einige meiner Doktorandinnen und Doktoranden arbeiten auch an Fragestellungen, die mit KI zu tun haben

In diesem Kontext der ethischen Beschäftigung mit Algorithmen und Künstlicher Intelligenz sind jüngst auch ein paar Publikationen und Forschungsprojekte entstanden, auf die ich hier kurz hinweisen möchte:

Zusammen mit  Christopher Koska und Claudia Paganini habe ich vor einigen Wochen (2018) für die Bertelsmann-Stiftung die Expertise „Ethik für Algorithmiker – Was wir von erfolgreichen Professionsethiken lernen können“ erstellt. Es geht darum herauszufinden, unter welchen Voraussetzungen Professionsethiken funktionieren und ob dies für das Feld der Algorithmengestaltung angewendet werden kann.

Mit Christopher Koska habe ich 2017 den Aufsatz „Gestaltungsfragen der Digitalität. Zu den sozialethischen Herausforderungen von künstlicher Intelligenz, Big Data und Virtualität.“ publiziert. Darin ist ein kleines Credo meiner ethischen Perspektive versteckt:

„Die Ethik kann nicht schlechthin gegen die technologische Entwicklung in Stellung gebracht werden. […] Es ist mit diesem Vorschlag keinesfalls gemeint, dass wir gegenüber technischen Entwicklungen unkritisch sein sollen, im Gegenteil. Es geht eher darum, sich die Möglichkeit zu geben, einen kritischen Gesichtspunkt überhaupt erst zu gewinnen, der dann auch eine verändernde Kraft entfalten kann. Eine Ethik, die Lust auf Innovation hat, nimmt sich selbst davon nicht aus – und kann gerade deswegen auch kritisch bleiben. Eine solche Ethik lässt sich nicht abhängen von den dramatischen technischen Entwicklungen, sondern versucht Anschluss zu halten, um den Verlauf des Rennens weiter mitgestalten zu können.“ (Koska, Filipović 2017: 189)

Zusammen und im Auftrag von Microsoft Deutschland haben wir im zem::dg eine Expertise erstellt zu „Social responsibility of curated aggregation portals using the example of MSN„. Die Angebote von Nachrichten und Medieninhalten werden vermehrt algorithmisch betrieben, was die Frage nach gesellschaftlicher Verantwortung für die Qualität der öffentlichen Kommunikation aufwirft (Filterblasen, Echokammern, Vereinzelung durch Personalisierung usw.). Das Ziel des Forschungsprojektes war es, die Problematik am Beispiel der Plattform MSN (Microsoft) zu zeigen und praktische Hinweise zu geben, wie das Unternehmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden kann.

In der Begutachtung ist ein Projekt-Antrag (2018), den wir an der Hochschule für Philosophie zusammen mit Prof. Dr. Oliver Alexy (Professorship „Strategic Entrepreneurship“ in the Entrepreneurship Research Institute at TUM School of Management) und Prof. Gordon Cheng (Chair of Cognitive Systems & Founding Director of the Institute for Cognitive System at TU Munich) erarbeitet haben. Thema: „The Public Value of Artificial Intelligence Shaping an Ethical Future for AI in Digital Societies“.

Die Themen „Algorithmen“ und „Künstliche Intelligenz“ werden in Zukunft eine noch größere Rolle in meiner Arbeit spielen. Ich hoffe hier im Blog ab und an etwas dazu schreiben zu können.

Literatur

  • Filipović, Alexander (2013): Die Enge der weiten Medienwelt. Bedrohen Algorithmen die Freiheit öffentlicher Kommunikation? In: Communicatio Socialis 46 (2), S. 192–208. DOI: 10.5771/0010-3497-2013-2-192.
  • Filipović, Alexander; Koska, Christopher; Paganini, Claudia (2018): Ethik für Algorithmiker – Was wir von erfolgreichen Professionsethiken lernen können. Hg. v. Bertelsmann-Stiftung. Gütersloh (Impuls Algorithmenethik, 9). DOI: 10.11586/2018033.
  • Koska, Christopher; Filipović, Alexander (2017): Gestaltungsfragen der Digitalität. Zu den sozialethischen Herausforderungen von künstlicher Intelligenz, Big Data und Virtualität. In: Ralph Bergold, Jochen Sautermeister und André Schröder (Hg.): Dem Wandel eine menschliche Gestalt geben. Sozialethische Perspektiven für die Gesellschaft von morgen. Freiburg: Herder, S. 173–191.

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